Betriebsgröße: 27 ha Ackerbau
Erster Kaltstall in der Praxis in der Schweinezucht und -mast
Seit Ende 2023
In der Kampagne steht über deinem Bild „Schaut so eine Strategin aus?“ Wir sagen Ja! Mit welchen Strategien führst du deinen Hof?
Wir wollten den höchsten Tierwohlstandard bauen, sodass wir nicht mehr in Zugzwang kommen, in ein paar Jahren wieder etwas umzubauen, weil der Markt oder Vorgaben danach verlangen. Als ich den Kaltstall mit freier Abferkelung, wie wir ihn heute haben, in einer Versuchsstation gesehen habe, wusste ich sofort: Der wird es. Die ersten Gehversuche damit waren nicht immer einfach, aber wir sind drangeblieben. Das Ziel von meinem Mann und mir ist, dass wir vom Hof leben können – und zwar gut leben. Wir denken unternehmerisch, verfolgen eine Strategie und nehmen die Emotionen dabei komplett raus. Viele Höfe werden emotional geführt. Es gibt die Überzeugung, mit Arbeit alles kompensieren zu können. Das halte ich für einen Irrglauben. Nur, weil man sich bewegt, bewegt sich nicht automatisch was. Schaukeln allein bringt dich auch nicht nach vorne. Es braucht eine Strategie und einen kühlen Kopf, um dabei zu bleiben. Ich hatte noch keine einzige schlaflose Nacht wegen der Summe, die wir investiert haben.
Was bedeutet Kreislaufwirtschaft in der Tierhaltung? Was davon setzt du bereits am Hof um?
Wir haben eine Photovoltaikanlage, um unseren Strombedarf zu decken und bauen das Futter für die Schweine zum Teil auf den eigenen Feldern an. Den Rest kaufen wir von den Nachbarn zu oder bilden Kooperationen. Mit einem Nachbarn haben wir das Abkommen, dass er von uns die Gülle bekommt und wir dafür von ihm das Getreide. Für die Fütterung und das Stroh haben wir ein intelligentes System, das ebenfalls Ressourcen schont.
Wie bist du zur Schweinezucht gekommen?
Ich bin in die Landwirtschaft hineingeboren worden. Zwar wollte ich den Hof ursprünglich nicht übernehmen und hätte mir mein Leben anders vorgestellt. Doch erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Ich hab immer gesagt, wenn ich den Hof nehme, dann bleibt kein Stein auf dem anderen und genauso ist es. Ich hab den Hof zu meinem gemacht und bin glücklich. Erfolg ist die richtige Kombination aus Mut und Demut. Man muss lernen, Ja zu sagen, zum richtigen Zeitpunkt. Und oft eben auch Nein.
Wie gestaltest du die Lebensumgebung der Schweine, um ihren natürlichen Verhaltensweisen gerecht zu werden?
Unsere Ferkel bleiben in den ersten Wochen bei der Mutter. Die Tiere können sich frei zwischen dem Außenbereich und ihren Boxen bewegen. Es ist erstaunlich zu beobachten, welche Verhaltensweisen bei den Tieren sichtbar werden. Die Säue treiben abends die Ferkel in die Box, die kommunizieren richtig miteinander.
Welche Maßnahmen ergreifst du, um die Gesundheit deiner Schweine zu erhalten und Krankheiten vorzubeugen?
Wir sind die einzigen Schweinebauern in der Umgebung, rund um uns sind nur Rinderbauern. Was super ist, weil sich Krankheitskeime nicht über die Luft übertragen können. Unsere Schweine bleiben gesund.
Ihr habt ein intelligentes Stroh- und Futtereinstreusystem am Hof? Wie genau funktioniert das und was sind die Vorteile?
Das System ist quasi ein Gehirn, das den Bedarf der einzelnen Tiere täglich und exakt berechnet, zuschneidet und in die Box liefert. So verschwenden wir keine Ressourcen. Beim Stroh ist es ähnlich. Das wird ganz kurz gehäckselt, entstaubt und je nach Bedarf in die Box geblasen. Arbeitstechnisch ist es natürlich ein großer Vorteil, ohne dem ginge es gar nicht.
„Unser Kaltstall ist der erste in der Praxis. Wir wussten nicht, worauf wir uns einlassen. Man wird sehr demütig.“
Wie verändert sich der Fleischkonsum gerade? Wie ernährst du dich persönlich?
Ich denke, der Fleischkonsum geht zurück, gerade der Schweinefleischkonsum. Die Leute kochen weniger selbst. Gerade Schweinefleisch gut zuzubereiten, ist gar nicht einfach.
Meine eigene Ernährung überrascht viele: Ich ernähre mich ausschließlich von Fleisch und tierischen Produkten wie Butter und Eiern. Mir geht’s ausgezeichnet damit. Fleisch wird oft als Klimasünde dargestellt. Ganz ehrlich: Die Avocados und Orangen, die viele Vegetarier so lieben, wachsen auch nicht ums Eck.
Was sollten die Menschen über deine Arbeit wissen, was sie noch nicht wussten?
Die alten Klischees über uns Bauern nerven manchmal. Andererseits: Ich verstehe es als unsere Aufgabe, diese Sichtweisen zu ändern. Jammern hilft gar nichts.
Beim Thema Tierwohl denke ich öfters, dass die Gesellschaft etwas fordert, das sie nachher nicht bereit ist, zu bezahlen. Auch die Politik macht Gesetze, ungeachtet, wie der Markt tickt. Ohne alle in einen Topf zu werfen, aber das günstige Schnitzel im Möbelhaus wird immer noch gekauft.
„Tierwohl hat sich immer vorwärts entwickelt, nie rückwärts.”
Was kommt bei deiner Arbeit täglich Gutes für dich zurück?
Ich muss sagen, ich arbeite gern. Ich habe es für mich so gestaltet, dass es mir Spaß macht. Darum empfinde ich Arbeit nicht immer als Arbeit, sondern auch als Leidenschaft.