5 ha Wald und rund 60 ha Wald in Betreuung/Bewirtschaftung
Forstwirtschaftsmeister seit 2015
Stefan, welche Beziehung hast du zur Natur? Was fasziniert dich am meisten daran?
Ich war von klein auf mit dem Vater und Großvater viel draußen und durfte die Abläufe, die Arbeit und das Wissen rund um den Wald erleben. Dadurch entwickelte ich eine umsichtige und dankbare Beziehung zur Natur. Am meisten fasziniert mich, wie aus einem winzig kleinen Samenkorn ein gigantischer Baum mit Höhen bis über 100 Meter werden kann. Der Wind und Wetter, Hitze und Kälte, jahrein, jahraus trotzen kann.
Du bewirtschaftest 65 Hektar Wald. Was sind deine Managerqualitäten?
Das Wichtigste ist, in Zusammenhängen und mit Weitblick zu denken. Waldbewirtschaftung ist ein Generationenprojekt. Daraus leite ich eine Betriebsphilosophie ab, die nicht den kurzfristigen Erfolg zum Ziel hat, sondern ein langfristiges kontinuierliches Einkommen liefert. Ein weiterer Ansatz ist „weniger ist oft mehr“. Mit etwas Geduld regelt sich Manches von selbst, ohne dafür einen großen Aufwand zu betreiben.
Was heißt Kreislaufwirtschaft in der Forstwirtschaft?
Sieht man sich Vorgänge und Abläufe in der Natur an, dann erkennt man schnell, dass diese immer im Kreise laufen. Aus alt wird wieder neu. Es gibt keinen Abfall, keine Verschwendung. Für mich als Forstwirt bedeutet das, nur die Menge an Holz zu nutzen, die auch nachwächst. Dafür einen intakten Boden mit ausreichend Nährstoffen und ein ausgewogenes Umfeld bereitzustellen. Ich sorge dafür, dass alle Facetten des Ökosystems im Wald Platz finden und gut miteinander funktionieren können.
Kannst du die Kreislaufwirtschaft auch auf die Landwirtschaft ausweiten?
Natürlich, zum Beispiel versuche ich, viele Dinge für die anderen Betriebszweige aus eigenem Holz zu fertigen, seien es Einrichtungen oder Gebäude. Die Verwendung des nicht sägefähigen Holzes zur Energiegewinnung ist eine kluge Art und Weise, den natürlichen Kreislauf für unsere Bedürfnisse zu nutzen.
Abgesehen vom wirtschaftlichen Nutzen, was bringt uns der Wald noch und warum ist es so wichtig, ihn gut zu pflegen?
Der Wald reinigt die Luft und wandelt bei der Photosynthese CO₂ in Sauerstoff um. Er fängt den Regen behutsam auf und lässt ihn langsam zu Boden gleiten. Dort angekommen, sickert das Wasser langsam in den Boden und wird dabei gereinigt. Die Kombination von Wald und Boden fungiert somit wie eine Wasseraufbereitungsanlage und ein Speicher. Die Wurzeln durchdringen den Boden. Dieses Geflecht stabilisiert und hält den Boden quasi fest und schützt ihn vor Erosion. In steilen Hanglagen schützt zusätzlich die Vielzahl der Stämme vor Steinschlag und Lawinen. Im Inneren des Waldes herrscht auch ein eigenes Klima, ein sogenanntes Mikroklima. So wirkt der Wald ausgleichend auf das Wetter.
Auf uns Menschen wirken die Waldluft und die darin enthaltenen Pflanzenstoffe wie eine Aromatherapie. Diese sogenannten Terpene und Mikrobakterien wirken positiv auf unser Immunsystem und regen es an. Im Wald finden wir zu innerer Ruhe und können uns von störenden Einflüssen abgrenzen. All diese vielseitigen Funktionen und Wirkungen sind ein unbezahlbares Nebenprodukt einer funktionierenden und pfleglichen Waldbewirtschaftung.
Wie kann die Bevölkerung einen Beitrag zum Schutz unserer Wälder leisten?
Ganz konkret ist ein umsichtiger und maßvoller Umgang mit den Pflanzen und Lebewesen des Waldes notwendig. Jedes für sich ist ein wichtiger Teil des Ökosystems. Zudem sollte man mögliche Nutzungseinschränkungen für Freizeitzwecke respektieren, denn sie sind nicht ohne Grund erstellt worden. Wer den Wald besser verstehen und ihn erleben will, kann sich an organisierten Pflege- und Aufforstungsprojekten beteiligen. Holz sollte am besten vom nahegelegenen Sägewerk bzw. Brennholzproduzenten bezogen werden und Lebensmittel von regionalen Erzeugern stammen.
Es fasziniert mich, wie aus einem winzigen Samenkorn ein gigantischer Baum mit Höhen von über 100 Metern empor wächst und dabei den Elementen Wind und Wetter, Wärme und Kälte, jahrein, jahraus standhält.
Welche Auswirkungen hat die Klimaerwärmung auf die heimischen Wälder?
Jede Baumart hat andere Anforderungen und Toleranzen in Bezug auf ihre Umwelt. So werden sich mit ändernden Umweltbedingungen auch die Wuchsgebiete der einzelnen Baumarten verschieben. Ich schaue dennoch zuversichtlich in die Zukunft. Laut meiner Erkenntnis sind vielfältige Systeme stabile Systeme. In einem Mischwald verknüpfen sich die verschiedenen Eigenschaften und Ansprüche zu einem großen, vielschichtigen Netz. Mit einem guten Management und vorausschauenden Handlungsweisen entsteht Resilienz gegen diverse negative Umwelteinflüsse.
Welche Strategien und Konzepte setzt du ein, um die Wälder zukunftstauglich zu machen?
Ich versuche, die Zeichen der Natur zu erkennen und Entscheidungen und Handlungen danach auszurichten. Daraus leitet sich eine dauerwaldartige Wirtschaftsweise mit natürlicher Verjüngung ab.
Wirtschaftliche Planungen und Ziele sind gut, doch meist ist es besser, nach seinen Wahrnehmungen und Empfindungen im Wald und der Natur zu handeln.
Es ist wirkungsvoller, wir stecken unsere Energie in Beobachtung und Handlung, denn größtenteils gibt es die Natur anders vor, als wir es planen.
Kann der Rohstoff Holz auch für andere Zwecke genutzt werden, außer als Baumaterial?
Der Rohstoff Holz und seine einzelnen Elemente kommen schon heute unvermutet in einer Vielzahl von Produkten unseres täglichen Lebens vor: Verpackungen, Soßen, Zahnpasta, Reinigungsmittel, Arzneimittel, Hygieneartikel, Dämmstoffe, Kleidung, um nur einige zu nennen. Holz ist ein äußerst vielseitiges Naturprodukt.
Es gibt da einen schönen und wahren Spruch:
„Zu fällen einen schönen Baum, braucht es wenige Minuten kaum.
Zu wachsen, bis man ihn bewundert, bedenkt es, braucht er ein Jahrhundert!“
Was sollten Nicht-Forstwirte über deine Arbeit wissen, was sie noch nicht wussten?
Wälder sind kein Naturreservat, sie sind ein Teil unserer Kulturlandschaft und seit Jahrhunderten geprägt von Bewirtschaftung und Kultivierung. Der Rohstoff Holz ist bei nachhaltiger Bewirtschaftung ein nachwachsender und umweltfreundlicher.
Ich denke, mit Bedacht und verantwortungsvoll eingesetzt, können wir mit dem Rohstoff Holz viele Herausforderungen unserer Zeit lösen.
Noch eine Abschlussfrage: Wie viel Zeit verbringst du draußen?
Im besten Fall sieben Tage die Woche. Leider verlangt mir der wachsende Bürokratismus immer mehr Bürozeit ab. Auch wenn ich nicht draußen bin, ist der Wald bei mir drinnen. Jeden Morgen, wenn ich aufstehe, fühle ich den Holzboden unter meinen Füßen und blicke auf den Wald, wo die Eichen und Erlen herangewachsen sind.